Komponist |
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Franz Wüllner |
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Vita
Franz Wüllner war seinen Zeitgenossen zwar sicherlich auch als Komponist, stärker aber als Dirigent und prägende Gestalt des sich strukturierenden deutschen Musiklebens bekannt. Am 28. Januar 1832 im westfälischen Münster geboren, lebte er in seiner Kindheit mehrere Jahre in Düsseldorf, wo er schon früh Violin- und Klavierunterricht erhielt. Prägenden Einfluss gewann Arnold Felix Schindler auf Wüllner: Schindler wirkte in Beethovens letzten Lebensjahren als dessen Adlatus und verstand sich nach Beethovens Tod als dessen Sachwalter. Wüllner erhielt seit 1846 Unterricht bei Schindler, ja er folgte ihm zwei Jahre später sogar nach Frankfurt. Nach zwei weiteren Jahren machte sich Wüllner von Schindler frei, vor allem von dessen Forderung, sich gänzlich der Reproduktion des Beethovenschen Klavierwerkes zu verschreiben. In den folgenden Jahren, von 1850 bis 1854, knüpfte Wüllner auf ausgedehnten Konzertreisen, bei denen er sich besonders für Beethovens späte Klaviersonaten einsetzte, jene Kontakte, die er später auswerten würde: Stationen waren u.a. Köln, Berlin, Brüssel und Leipzig. Die Begegnung mit Johannes Brahms begründete 1853 eine lebenslange Freundschaft. Nach einer ersten, kleinen Anstellung als Musikschullehrer in München (1854-1858) war seine erste wichtige Position die des Städtischen Musikdirektors in Aachen (1858-1864); zu seinen Nachfolgern gehörten später Fritz Busch und Herbert von Karajan. Wenige Jahre zuvor (1852) war das bis dahin saisonweise zusammenkommende Orchester in kommunale Trägerschaft übernommen worden: Die Musiker waren städtische Angestellte geworden, und Sicherheit und Kontinuität ermöglichten nun eine bisher in dieser Form nicht mögliche Orchestererziehung. Der rund dreißigjährige Wüllner erwies sich seiner neuen Aufgabe hervorragend gewachsen, das Aachener Orchester galt im Rheinland als vorbildlich. Wüllner hinterließ einen qualitativ erheblich gefestigten Klangkörper. Nach Mitwirkung bei Niederrheinischen Musikfesten, nach Bach-Erstaufführungen (sicherlich eine Folge seines Unterrichts beim Kontrapunktlehrer Siegfried Dehn in Berlin, dem Nestor der damaligen Bachforschung) folgte Wüllner 1864 einem Ruf nach München. Hier leitete er die Königliche Vokalkapelle, richtete zur Heranführung des Nachwuchses Chor- und Orchesterklassen an der Musikschule ein. Als Teil-Ergebnis dieser Ausbildungsreform sind die in zahllosen Auflagen bis weit in das 20.Jahrhundert hinein nachgedruckten "Chorübungen der Münchner Musikschule" aus der Entwicklung des deutschen Chorwesens nicht wegzudenken. 1877 ging Wüllner nach Dresden und übernahm dort die Leitung des Konservatoriums und Aufgaben als Hofkapellmeister. Wiederum machte er sich einen Namen als Organisator; Intrigen veranlassten Wüllner, sich 1882 nach Berlin zu wenden und dort in der Leitung der Berliner Philharmonischen Konzerte mitzuwirken. 1884 kam der mittlerweile 52-Jährige nach Köln und vollzog hier zunächst die Umwandlung des Gürzenich-Orchesters Köln in ein Städtisches Orchester. Fast zwei Jahrzehnte leitete und gestaltete Wüllner erfolgreich das Kölner Musikleben mit; am 15. April 1902 dirigierte er im Gürzenich sein letztes Konzert; am 7. September desselben Jahres starb er im Kurort Braunfels an der Lahn. Wüllner kam während seiner starken Beanspruchung als Dirigent, Lehrer und Organisator nur "im Nebenberuf" zum Komponieren. Das Werkverzeichnis umfasst 53 gedruckte Opera. Es finden sich Klaviermusik, klavierbegleitete Kammermusik, dann aber vor allem Vokalmusik in Wüllners Schaffen. Die heute im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehenden Gattungen fehlen bei Wüllner: Er schrieb keine Oper, und seine frühen Streichquartette und eine Sinfonie blieben ungedruckt. Franz Wüllner erweist sich jedoch im hier relevanten Bereich der Klavier- und Kammermusik als vollwertiger Vertreter der deutschen Hochromantik. © Christoph Dohr/verlag dohr |
Franz Wüllner surely was known by his contemporaries as a composer, but even more as a conductor and as a formative character of German music life that was about to gain structure. Born on January 18th 1832 in the Westphalian city Münster, he lived several years of his childhood in Düsseldorf where he received violin and piano lessons at a very early age. Arnold Felix Schindler gained a formative influence on Wüllner: in the last years of Beethoven's life, Schindler was his assistant and after Beethoven's death, he was his trustee. Since 1846 Wüllner received lessons from Schindler. Two years later he even followed him to Frankfurt. After another two years, Wüllner freed himself from Schindler, above all from his demand to concentrate solely on the reproduction of Beethoven's piano works. During extended concert tours in the following years, from 1850 to 1854, Wüllner - supporting Beethoven's late piano sonatas - made those contacts that he later would utilize. These stations were e.g. Cologne, Berlin, Brussels, and Leipzig. His meeting with Johannes Brahms was the foundation of a lifelong friendship. After his first employment as a music school teacher in Munich (1854-1858), being the Municipal Director of Music in Aachen was his first important position (1858-1864); in 20th century Fritz Busch and Herbert von Karajan were amongst his successors. A few years before (1852), the orchestra that hitherto had only met in the season, was taken under communal support. The musicians had become municipal employees, thus security and continuity facilitated a kind of orchestral education that hitherto had been impossible. The thirty-year-old Wüllner managed to fulfil his new demands very well - in the Rhineland, the orchestra of Aachen was a model. Wüllner left a qualitatively steadfastened orchestra. After having taken part in Lower Rhenish Music Festivals and after first performances of Bach-compositions (surely a result of his lessons in counterpoint at Siegfried Dehn's in Berlin, in those days the Nestor of Bach research), Wüllner followed a call to Munich in 1864. Here, he directed the Royal vocal band and arranged choir and orchestra classes at the music school to attract the new generation. As a partial result of this educational reform, the numberless editions of the "Choir-Etudes of the Munich Music School" that have been revised until far in the 20th century, are indispensable to the development of the German choir life. After having conducted the premieres of Wagner's "Rheingold" and "Walküre", Wüllner was announced the first court director of music. In 1877, he went to Dresden, where he lead the conservatory and became court director of music. During his hard work as a conductor, teacher and organiser, Wüllner could be a composer only as a "secondary profession". His Complete Works contain 53 printed compositions. Wüllner composed piano music, chamber music with piano accompaniment, but above all vocal music. Wüllner's Oeuvre lacks those genres standing in the centre of attraction nowadays: he did not write any opera and his early string quartets and a symphony remained unprinted. Nevertheless, Wüllner exposes himself as a fully adequate representative of the German high romantic period on the domain of piano and chamber music that is relevant here. © Christoph Dohr
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Titel zum Thema im Verlag Dohr |
Titel in der Edition Dohr
Zweiundzwanzig Variationen über ein Thema von Franz Schubert op. 39 für Clavier und Violoncell |
Partitur und Stimme M-2020-0803-4 |
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Titel in den "Beiträgen zur rheinischen Musikgeschichte"
Briefe
Richard Strauss und Franz Wüllner im Briefwechsel hrsg. von Dietrich Kämper |
55 S. Köln: Arno Volk 1963 |
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Literatur |
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Franz Wüllner. Leben, Wirken und kompositorisches Schaffen |
170 S. Köln: Arno Volk 1963 |
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CDs
Kammermusik
* Ersteinspielungen / first recordings |
Suyoen Kim (Violine), Konstantin Manaev (Violoncello), Tobias Bredohl, Alina Kabanova, Ekatherina Titova (Klavier) DCD 020 - (P) 2003 |
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