Komponist |
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Hans Pfitzner |
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Vita
Hans Pfitzner wurde am 5. Mai 1869 in Moskau geboren. Seine musikalische Ausbildung erhielt er am Hochschen Konservatorium in Frankfurt am Main, in dessen konservativ geprägtem Umfeld der junge Wagnerianer nicht gedeihen konnte. 1894 wurde Pfitzner Korrepetitor und Kapellmeister in Mainz, wo er seinen Opernerstling, den "Armen Heinrich", auf die Bühne bringen konnte; es folgten Stellungen als Lehrer am Sternschen Konservatorium in Berlin (seit 1897) und als Städtischer Musikdirektor in Straßburg (seit 1908). 1920 übernahm Pfitzner an der Preußischen Akademie der Künste eine Meisterklasse für Komposition. Er starb am 22. Mai 1949 in Salzburg. Hans Pfitzner gehört zu den Künstlern, die ihre Heimat auch unter dem Regime der Nationalsozialisten nicht verließen. Zum einen war Pfitzner tief in der deutschen Kultur verwurzelt und über die Landesgrenzen kaum bekannt geworden, zum anderen hatte er sicher gehofft, als bekennender Nationalist werde er unter den neuen Machthabern stärker gefördert. In dem von Pfitzner erhofften Maß ist das jedoch nicht eingetreten, so wie die Beziehung zwischen Komponist und Regime generell als eine Art großes Missverständnis angesehen werden kann. Zwar war der Komponist mit einem Nazi-Verbrecher wie Hans Frank freundschaftlich verbunden – er sah in ihm aber in erster Linie wohl den gönnerischen Mäzen, für dessen Machenschaften er sich nicht interessieren zu müssen meinte. Von Adolf Hitler hat er sich – nach früheren Wahlaufrufen – später distanziert; auch weigerte er sich, auf den "Führer" eine Hymne zu komponieren. Zwar findet sich in Pfitzners Schriften und Äußerungen antisemitisches Gedankengut; für jüdische Freunde ist der Komponist aber immer eingetreten, und auch Mendelssohns Musik zu Shakespeares "Sommernachtstraum" war für ihn unantastbar. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfuhr Pfitzner von jüdischen Freunden und Kollegen Entlastung. Die Liste der Argumente pro und contra ließe sich noch fortsetzen; an Stelle dessen sei hier mitgeteilt, dass selbst heute dieses Beziehungsgeflecht nicht vollständig aufgeklärt ist, ja sich wohl nie wird aufklären lassen. |
Während Pfitzner heute in erster Linie als "ewig Gestriger", als konservativer Reaktionär, als "letzter Romantiker" gesehen wird – als eine Ursache mag die Kantate "Von deutscher Seele" op. 28 nach Texten von Eichendorff erachtet werden –, galt er zu Lebzeiten bis zu einem gewissen Zeitpunkt als modern; das zeigt sich etwa in Werken der reifen Jahre, in denen Pfitzner einem auf höchste Expressivität angelegten linear gedachten Stil folgt, der bisweilen zu Ergebnissen führt, die am Rande des tonal Erklärbaren liegen, etwa im Lied "An den Mond" op, 18, dem Streichquartett cis-Moll op. 36 oder der Chorphantasie "Das dunkle Reich" op. 38. Als Pfitzners Hauptwerk gilt nach wie vor die musikalische Legende "Palestrina", eine Künstleroper, in der Pfitzner der von ihm selbst leidenschaftlich vertretenen Einfallsästhetik Ausdruck verleiht. Neben seinem musikalischen Schaffen hat sich Pfitzner auch theoretisch geäußert; neben zahlreichen Polemiken ("Die neue Ästhetik der musikalischen Impotenz", "Futuristengefahr") und Schriften zur Einfallsästhetik ragt hier sein literarisches Hauptwerk, "Werk und Wiedergabe" hervor, das seinen Verfasser lange vor der Alte-Musik-Bewegung als radikalen Vertreter der Werktreue offenbart - auch das ein "moderner" und zukunftsweisender Zug dieser zwiespältigen Persönlichkeit. |
Literatur zum Thema im Verlag Dohr
Hans Pfitzners Chorphantasie "Das Dunkle Reich" |
216 S., Notenbsp., Hardcover ISBN 978-3-936655-39-1 |
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Aufsatz |
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Gerhard J. Winkler in: Öffentliche Einsamkeit. Das deutschsprachige Lied und seine Komponisten im frühen 20. Jahrhundert hrsg. von Michael Heinemann und Hans-Joachim Hinrichsen |
215 S., Notenbsp., Register, Hardcover ISBN 978-3-936655-73-5 |
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